Gibt es sie noch, die klassischen Partnervermittlungsagenturen, bei der der Single mit klopfendem Herzen an der Tür klingelt und dann seiner Beraterin 1:1 in einem Gespräch gegenübersitzt, in der Hoffnung, dass die Schmetterlinge im Bauch bald Samba oder, je nach Gusto, Walzer tanzen dürfen? Die gibt es tatsächlich noch. Und sie erfreuen sich trotz oder gerade wegen der Online-Partnersuche äusserster Beliebtheit.
(ss) «Ich habe den schönsten Beruf der Welt – nämlich zwei Menschen glücklich zu machen», sagt Kathrin Grüneis über sich. Grüneis ist Amors verlängerter Arm, Verkupplerin, Menschenkennerin, Psychologin und Inhaberin einer klassischen Partnervermittlungsagentur in der Stadt Zürich – in Personalunion. Das Schöne an ihrem Beruf sei, dass sie keinen
Arbeitsalltag habe, meint sie. Es gebe Phasen, da würden die beiden Geschäftstelefone ununterbrochen klingeln. Nur einmal gab es zwei Tage lang keine Mails und Anrufe. «Wenn es ruhig wird, dann werde ich nervös», sagt die quirlige Unternehmerin. Im Minimum sei sie zweimal pro Woche an Veranstaltungen, um neue Menschen kennenzulernen. Und genau das ist auch ihr Vorteil, den sie gegenüber den elektronischen Partnervermittlern hat: Der Bindungswillige kann die Glücksmacherin anrufen, aufsuchen, sich bei ihr ausweinen, wenn die Liebe einmal nur einseitig zuschlagen sollte, sie ist fassbar für ihre Klienten. «Alle Interessenten treffen mich persönlich. Es kann sich niemand hinter einem gefakten Profil verstecken. Die Menschen, die zu mir kommen, suchen keine Abenteuer, sondern eine echte Partnerschaft. Für eine Affäre kommt keiner zu mir, das wäre zu viel Aufwand» – meint die gebürtige Bayerin Grüneis. Natürlich kommt auch bei ihr der berühmt-berüchtigte Fragebogen zum Zuge. Diesen geht sie mit jedem Interessenten durch. Sie macht sich Notizen zwischen den Zeilen. Stellt sich Fragen im Hinterkopf, auch im Zusammenhang mit einem potenziellen Kandidaten, den sie in ihrem Portfolio hat. Das persönliche Gespräch bedeutet der Partnervermittlerin viel. Denn erst damit erfasst und versteht sie ihr Gegenüber – unabdingbar für ihren Job. Sie erzähle ebenso viel von sich, damit sich die Situation entspanne. Denn manche Menschen seien nervös und haben ein flaues Gefühl im Magen, wenn sie eine Partnervermittlung aufsuchen. «Das kenne ich alles aus eigener Erfahrung», führt sie weiter aus.
Sie hat ein spezielles Gespür für Menschen, das sie über die Jahre, auch durch ihre Jobs im Marketing, Verkauf oder als Relationship Manager, entwickelt hat. Doch Grüneis ist keine Zauberin. Manchmal liegt sie daneben. Darum zahlt sich Offenheit bei ihr aus, denn je besser sie die Person kennt oder diese sich zu erkennen gibt, umso erfolgreicher kann sie diese vermitteln. Kunden, denen sie per Zufall im Alltag begegnet, haben nichts zu befürchten. Ihr Credo ist die Verschwiegenheit. Einen Garant für die Liebe kann sie nicht geben. Sie gebe immer ihr Bestes. Aber sie sei auch nur so gut wie die Menschen, die zu ihr kommen würden – da wären wir wieder beim Thema Offenheit. Manchmal wisse sie genau, was der- oder diejenige suche. Manchmal sei jedoch kein geeigneter Partner da. Manchmal nicht auffindbar. Wie im richtigen Leben gehöre auch eine Portion Glück und zum richtigen Moment am richtigen Ort zu sein dazu. Mitunter brauche es Zeit, Geduld und Zuversicht. «Und dann sind da noch die lieben Erwartungshaltungen, die – je älter wir werden – umso grösser werden», erklärt Kathrin Grüneis. Und was passiert, wenn sich der eine verliebt und der andere nicht? «Das ist nicht einfach und führt manchmal zu langen Diskussionen zwischen dem Unglücklichen und mir. Vor allem dann, wenn es am Anfang von beiden Seiten gut ausgesehen hat. Aber das alles macht meinen Job so spannend. Ein negatives Feedback, und die ganze Planung wird über den Haufen geworfen. Oder dann habe ich für eine Person noch ein paar tolle Kandidaten in Aussicht – und es funkt bereits beim ersten Date …», schliesst Kathrin Grüneis das Interview.